Fiesta Latina! Musik- und Tanzstile aus Brasilien
Dass Brasilianer den Rhythmus im Blut haben, kennt jeder, der schon mal eine Karnevalsperformance gesehen hat. Aber auch jeder Musikstil hat seine Geschichte und seinen eigenen Tanzstil. Wir klären auf!
Kaum ein anderes Land hat so viele Musikstile wie Brasilien – bedingt durch die verschiedenen kulturellen Einfluss von Indianern, Afrikanern und Europäern. Das faszinierende sind die gegenseitigen Bereicherungen: Choro, Chula, Frevo, Maracatu, Capoeira, Carimbo, Toada, Forro, Axé, Samba-Reggae und Samba sind einige Facetten aus dem prächtig schillernden musikalischen Kaleidoskop Brasiliens.
Baile Funk
Auf latinoafrikanischen Partys ist derzeit das Genre Baile Funk oder Funk Carioca bzw. Favela Funk recht populär – auch in der internationalen Dance-Szene. Die Musikrichtung aus dem Rio de Janeiro der 1990er und vermischt Miami Bass, brasilianischen Hip Hop und Gangsta Rap und entstammt den Favelas. Ähnliche urbane Rhythmen bietet die Musikrichtung Batida, die ihre Wurzeln in Angola hat und ihren Weg nach Portugal gefunden hat. Ähnliche Musikstile beinhalten Zouk, Semba, Kuduro oder Soca.
Brasilianischer Samba
Ohne Samba wäre Brasilien undenkbar. Der Begriff bezeichnet eine lockere Zusammenkunft in der Freizeit der Brasilianer mit musikalischer Abstammung von den karibischen Inseln. Etwa ein Geburtstag, an dem sich die Gemeinschaft über Gesang, Tanz und Improvisation aller Beteiligten freut.
Von alt bis jung, Bekannte, Unbekannte und Ungeschickte, jeder trägt seinen Teil zum Rhythmus bei. Salsa-Tanzrythmen sind eine Kombination aus dem afrokubanischen Tanz Son, Cha-cha-cha, Mambo, Rumba, Bomba und Danzón.
Eine Karneval-Samba-Formation besteht aus hunderten von Percussions. Denn das spontane Singen, Tanzen und Trommeln von Rhythmen und die Freude, die dabei entsteht, sind Teil der brasilianischen Mentalität. Dem breiten Mainstreampublikum wurde der Tanzstil erstmals durch das Tanzprojekt Bellini im Juni 1997 mit dem Songtitel „Samba de Janeiro“ bekannt.
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Capoeira: Kampfkunst aus Brasilien
Capoeira ist ein Tanz aus brasilianischer Kampfkunst und weit über die Landesgrenzen hinaus bekannt. Wer echten, authentischen Capoeira sehen will, muss nach Salvador. Wie viele afrikanische Kulturelemente wird auch der aus Angola stammende Kampftanz im Bundesstaat Bahia am meisten gepflegt. Seine Hauptstadt Salvador ist nicht nur der Nabel der brasilianischen Musik des 20. Jahrhunderts, sondern auch die erste schwarze Hauptstadt. Noch heute holen sich internationale Musiker Inspirationen in der afrobrasilianisch geprägten Kulturstadt.
Ursprünglich stammt der Kampftanz aus der Sklavenzeit. Sklaven durften zum Vergnügen ihrer Obrigkeit tanzen. Heimlich wurde auch Capoeira ausgeübt, bis die Sklavenherren die Gefährlichkeit erkannten und verboten. Denn entlaufene Sklaven konnten diese Kampfkunst auch gegen ihre Herren anwenden.
Dass besondere Merkmal des Capoeira besteht im rhythmischen Spektakel zweier muskulöser Männer, sie sich durch die Luft wirbeln und ihre Fußattacken knapp vor dem Kopf des anderen stoppen, ähnlich wie beim Karate, jedoch spielerisch und ohne martialische Schreie. Begleitet wird die Kampfkunst vielmehr durch immer schneller werdende Trommelschläge, die auf atabaques (Schellentambourins), pandeiros und dem Musikbogen berimbau, ein Instrument aus Angola, erzeugt wird. Zum Ruhm gelangte damit einer der weltbesten Persussionisten, Nana Vasconselos.
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Dança do Passinho – Passinho Tanz
Der Passinho (von passo: kurze/r Bewegung/Schritt) ist Rio’s neuer angesagter Tanz. Er wurde beim Grillen in einer Favela geboren. „Glückwunsch an alle, die das Tanzen anstelle von Drogen nutzen.“ findet Cebolinha, ein zäher und schlacksiger 24-Jähriger, der einer der Gründer des Passinhos ist.
Von einigen als neuer Capoeira gepriesen, ist er ein blitzschneller Tanzstil der an den in den 1970er Jahren entstandenen Breakdance aus der Bronx in NYC erinnert, wo die Tänzer bei sog. Breakdance-Battles ihr akrobatisches Talent unter Beweis stellen und dabei an ihre physischen Grenzen gehen. Der Passinho hat sich innerhalb einer Dekade von einer Nebenattraktion – auf den ausgelassenen, verbotenen Baile-Funk-Parties, die mittlerweile überall in Rio stattfinden – zu einem nationalen Phänomen entwickelt.
Wesentlich verbreitet durch YouTube, erlangte der Passinho eine enorme Popularität. Im September 2008 kursierte das erste Tanzvideo von einer Grillparty in Jacaré in Rio de Janeiro. „Passinho Foda“ („Fucking crazy“ Passinho) entfesselte sich seitdem mit über 4 Millionen YouTube-Klicks wie ein Virus.
Die Tänze finden meist in engen Wohnzimmern oder auf Betondächern, mit dem Zuckerhut als Hintergrundkulisse, statt. Viele tanzen barfuß, frei improvisiert mit Tanzstilen von Samba, Capoeira und Frevo, sowie Free Step, Hip-Hop und sogar Ballett. Unübersehbar ist dabei die brasilianische Fähigkeit von Kreativität und Spontanität, die dem Tanz seine vielseitige Improvisation verleiht.
All dies hat der Regisseur Emílio Domingos in seiner Dokumentation „A Batalha do Passinho“ („Passinho Kampf“, engl. Titel „Passinho Dance-Off“) eingefangen. Er war davon begeistert, wie „sich die unterschiedlichen Gruppen von Künstlern über die ganze Stadt ausbreiten, ohne Geld aber mobilisiert durch das Internet. Kinder zwischen 3 und 23 Jahren zu sehen, die solch einen anspruchsvollen Kunsttanz entwickeln ist außergewöhnlich.“
Die Dokumentation zeigt die Tänzer und das Phänomen der Ausbreitung über die Baile-Funk-Parties, das Internet, die Favelas und DJs.
Passinho könnte sogar die Vorurteile gegenüber der Favela-Kultur unter Brasiliens Mittelschicht abbauen. Zuvor sah man die jungen Menschen aus den Slums, wegen ihrer engen Verbindung zur (Drogen)Kriminalität, als Bedrohung. Seit dem Aufleben des Passinho unterscheiden die Menschen mittlerweile zwischen Kriminellen und Tänzern.
„Passinho bringt Frieden in die Stadt“, sagt DJ Vinimax, dessen Musik die Dokumentation von Anfang an begleitet. „Als nächstes braucht es Fördergelder für die Kinder, damit sie ihre Ausbildung abschließen, zur Universität gehen, und Arzt, Tierarzt oder Anwalt werden können.“
Eine abwechslungsreiche Brasilienreise voller Höhepunkte!